Die 27-jährige Klägerin war tagsüber bei guten Sichtverhältnissen mit ihrem Fahrrad unterwegs, als ihr der beklagte Autofahrer im Bereich einer Kreuzung die Vorfahrt nahm.
Die Klägerin stürzte und zog sich dabei eine schwere Kopfverletzung zu, die u.a. den dauerhaften Verlust ihres Geruchssinns zur Folge hatte. Deshalb klagte sie auf Zahlung von Schmerzensgeld.
Der mitverklagte Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers vertrat die Meinung, dass die Kopfverletzung nicht so schwerwiegend gewesen wäre, wenn die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalles einen Helm getragen hätte. Deshalb müsse die Schmerzensgeldforderung der Klägerin wegen eines Mitverschuldens gekürzt werden.
Das OLG gab der Klage statt. Nach Auffassung des Gerichts konnte der Klägerin kein Mitverschulden an den Verletzungsfolgen mit der Begründung, sie habe keinen Fahrradhelm getragen, angelastet werden.
Andernfalls - so das OLG - müsste bei jeder Tätigkeit mit ähnlichem oder höherem Kopfverletzungsrisiko ein Mitverschulden bejaht werden, wenn der durch einen Sturz Geschädigte keinen Helm trug. Dies würde dann beispielsweise auch für das Besteigen von Haushaltsleitern gelten.
Wenn auch das Tragen eines Helms das Risiko einer schweren Kopfverletzung minimieren könne, so lasse auch diese Erkenntnis keinen Schluss darauf zu, dass sich ein Radfahrer nicht verkehrsgerecht verhalte, wenn er keinen Helm trage.
Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hätte man von einem Mitverschulden der Klägerin nur dann ausgehen können, wenn zum Unfallzeitpunkt nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein das Tragen eines Helms beim Fahrradfahren zum eigenen Schutz erforderlich gewesen wäre. Ein derartiges Verkehrsbewusstsein bestand nach Meinung des OLG indessen nicht.
Das Gericht verwies auf eine Untersuchung der Bundesanstalt für Straßenwesen. Danach setzen nur rund 23 Prozent aller Alltagsradler einen Kopfschutz auf. Bei jüngeren Erwachsenen im Alter zwischen 17 und 30 Jahren liegt diese Quote sogar unter zehn Prozent. Selbst in der Gruppe der 31- bis 40-Jährigen tragen nur knapp 15 Prozent der Alltagsradler einen Helm.
Somit bestand laut OLG kein Grund, den Schmerzensgeldanspruch der Klägerin zu kürzen.
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