Mit der anstehenden Bundestagswahl am 26. September werden die Weichen für wichtige politische Entscheidungen neu gestellt - so auch für die Zukunft der Krankenversicherung. Angesichts eines Milliardendefizits drohen den rund 57 Millionen Beitragszahlern in der GKV bereits ab dem kommenden Jahr erhebliche Beitragserhöhungen. Die nächste Bundesregierung muss das Thema also dringend angehen. Die Frage ist nur, welche Richtung sie dabei einschlägt. Ende Juni hat als letzte Partei die Union ihr Wahlprogramm vorgestellt. Wer seine Kunden optimal beraten möchte, sollte die Pläne prüfen.
Die Vorschläge zur Krankenversicherung fallen sehr gegensätzlich aus. Während Union und FDP am zweigleisigen System aus privater und gesetzlicher Versicherung festhalten wollen, möchten Grüne, SPD und Linke die vermeintliche "Zwei-Klassen-Medizin" gerne zugunsten einer verbindlichen solidarisch finanzierten Gesundheitsvollversicherung abschaffen. In die sogenannte Bürgerversicherung sollen auch Besserverdiener, Beamte, Selbstständige oder Unternehmer verpflichtend einzahlen. Als Beitragsgrundlage könnten neben dem Gehalt zudem auch Kapital- oder Mieterträge herangezogen werden. Union und FDP lehnen eine Einheitsversicherung dagegen ausdrücklich ab. Die FDP möchte den Wechsel zwischen den Systemen sogar vereinfachen und für mehr Wettbewerb in der GKV sorgen. Krankenkassen sollen beispielsweise Selbstbeteiligungen, Boni oder Beitragsrückerstattungen anbieten dürfen.
Egal, wer gewinnt: Ohne Reformen werden die GKV-Beiträge steigen. Laut einer aktuellen Untersuchung der DAK-Gesundheit droht den gesetzlichen Kassen bis 2025 ein Finanzierungsloch von bis zu 27,3 Mrd. Euro. Ohne massive Zuschüsse aus der Steuerkasse würde das Rekordminus einen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz von fast 2,9 % erfordern. Aktuell sind es 1,3 %. Wenn die kommende Bundesregierung die Sozialversicherungsbeiträge nicht über 40 % anwachsen lassen und den Zusatzbeitragssatz stabil halten wollen, bestehe dringender Handlungsbedarf, mahnt DAK-Chef Andreas Storm. Voraussichtlich im Oktober wird der GKV-Schätzerkreis den rechnerischen Zusatzbeitrag für 2022 ermitteln. Er dient als Grundlage für die individuellen Beitragsentscheidungen der einzelnen Kassen.
Während die GKV angesichts des demografischen Wandels und steigender Ausgaben in zunehmendem Maße auf üppige Steuerzuschüsse angewiesen ist, fließen in der PKV rund ein Drittel der Beitragseinnahmen in die sogenannte Nachhaltigkeitsreserve. Insgesamt hat die Branche bereits rund 288 Mrd. Euro Kapital langfristig investiert und erwirtschaftete im letzten Jahr eine durchschnittliche Nettoverzinsung von fast 3 %. Mit den Zinserträgen werden die Versicherten im Alter finanziell entlastet. Statt nachfolgende Generationen zu belasten, bilde jede Altersgruppe in der PKV Rücklagen für die eigenen Gesundheits- und Pflegekosten im Alter und entlaste somit letztlich auch die GKV, so Ralf Kantak. Der Vorsitzende des PKV-Verbands plädiert dafür, die Versicherungspflichtgrenze nicht weiter anzuheben, sondern zu senken. Aktuell ist der Wechsel in die PKV erst ab einem deutlich überdurchschnittlichen Jahreseinkommen von 64.350 Euro zulässig.
Unabhängig vom Ausgang der Wahl ist und bleibt Gesundheitsvorsorge ein wichtiges Beratungsthema. Anders als in der PKV ist das künftige Leistungsniveau der GKV nicht vertraglich garantiert. Kassenpatienten sollten ihren Versicherungsschutz möglichst frühzeitig durch private Policen ergänzen. Angesichts unterschiedlicher Beitragsentwicklungen sind zudem regelmäßige Kassenvergleiche sinnvoll.
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