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Finanzen + Versicherungen

Recht 
Freitag, 26.03.2021

Zum Versicherungsfall im Steuer-Rechtsschutz

Der Fall:

Die Parteien stritten über Deckungsschutz im Rahmen einer vom 21.08.2008 bis 01.01.2013 bestehenden Rechtsschutzversicherung. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Rechtsschutz-Versicherungen der Beklagten (ARB) zugrunde, die im Wesentlichen den Musterbedingungen ARB 2010 entsprachen.

Hintergrund war eine mit notariellem Vertrag vom 20.09.2012 erfolgte Übertragung des früheren einzelkaufmännischen Unternehmens des Klägers an die B. Das zuständige Finanzamt stufte die Übertragung als entgeltliches Geschäft mit einem Veräußerungsgewinn von 891.347,00 EUR ein, und erließ am 18.12.2014 einen Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2012, in dem eine vom Kläger zu entrichtende Einkommensteuer von 345.578,00 EUR festgesetzt wurde.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger im September 2019 Klage gegen den vorbenannten Bescheid vor dem zuständigen Finanzgericht. Die Beklagte lehnte einen Deckungsschutz für das finanzgerichtliche Verfahren ab.

Die Entscheidung:

Das OLG verneinte eine Verpflichtung der Beklagten, für das finanzgerichtliche Verfahren Rechtsschutz zu gewähren und die damit verbundenen Verfahrenskosten zu übernehmen.

Der Eintritt des Rechtsschutzfalles (Versicherungsfalles) richtete sich im Streitfall nach § 4 Absatz 1 Satz 1 d) ARB (entspricht § 4 Absatz 1 Satz 1 c ARB 2010). Danach ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem ein anderer - hier das Finanzamt - nach den Behauptungen des Versicherungsnehmers einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen haben soll. Dieser Zeitpunkt muss nach Beginn des Versicherungsschutzes (einschl. einer Wartezeit von drei Monaten) und vor Beendigung des Versicherungsschutzes liegen (§ 4 Absatz 1 Satz 2 ARB).

Begehrt der Versicherungsnehmer Deckungsschutz für die Verfolgung eines eigenen Rechtsschutzziels ("Aktivprozess"), richtet sich die Festlegung des verstoßabhängigen Rechtsschutzfalles i.S.v. § 4 Absatz 1 Satz 1 d) ARB allein nach der von ihm behaupteten Pflichtverletzung seines Anspruchsgegners, auf die er seinen Anspruch stützt.

Die vom Kläger unter dem 17.09.2019 vor dem Finanzgericht erhobene Anfechtungsklage richtete sich gegen die vom Finanzamt vorgenommene Einkommensteuerfestsetzung für 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung von 11.09.2019. Gegenstand dieser Einspruchsentscheidung wiederum war der Einkommensteuerbescheid vom 18.02.2014 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 31.07.2015.

Wendet sich der Versicherungsnehmer - wie hier - im Klagewege gegen einen ihn belastenden Verwaltungsakt, so stellt der Erlass dieses Verwaltungsakts den Eintritt des Versicherungsfalles in dem vorbenannten Sinne dar. Der Bescheid muss dem Versicherungsnehmer während des nach § 4 Absatz 1 Satz 2 ARB maßgeblichen Zeitraums zugestellt worden sein. Hieran fehlte es im vorliegenden Fall. Der den Kläger belastende Ausgangs-Steuerverwaltungsakt (§ 118 AO) datierte vom 18.02.2014 und war den Bevollmächtigten des Klägers am Folgetag zugegangen. Der Versicherungsschutz endete jedoch infolge einer Kündigung bereits am 01.01.2013 (§ 8 ARB).

Es lag auch kein "gedehnter Versicherungsfall" i.S.v. § 4 Absatz 2 ARB vor. Denn der Rechtsverstoß, den der Kläger seinem Gegner - dem Finanzamt - vorgeworfen hatte, bestand aus dem Erlass eines Einkommensteuerbescheides für 2012. Es handelte sich nicht um ein aus verschiedenen gleichartigen Einzelakten zusammengesetztes Verstoßverhalten.

Nichts anderes ergab sich aus § 4 Absatz 4 ARB. Diese Klausel regelt nicht den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles. Sie enthält vielmehr einen Risikoausschluss für den Steuer-Rechtsschutz, der Zweckabschlüssen vorbeugen soll. Danach steht der Rechtsschutz unter der zusätzlichen - aber nicht ausschließlichen - Voraussetzung, dass die zur Festsetzung der Steuer maßgeblichen tatsächlichen Voraussetzungen nach Versicherungsbeginn eingetreten sind. Dass der für die Steuerfestsetzung relevante notarielle Vertrag innerhalb der Versicherungszeit geschlossen wurde, genügte demnach für sich allein nicht.

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